top of page
AutorenbildCarmen Heller

Kulturradtour durchs Gurktal - Teil I

Aktualisiert: 24. Nov. 2023

Wenn im Frühling die Natur erwacht und die Temperaturen nach oben klettern, sehnen wir uns wieder nach Bewegung an der frischen Luft. Eine Radtour ist da genau das Richtige. Ich erkunde das Gurktal am gemütlichen Radweg, der von Althofen nach Weitensfeld führt und entdecke dabei zahlreiche kulturelle Schätze.


Das Gurktal ist ein noch unberührtes Tal abseits der großen Touristenströme. Die Bezeichnung Gurk, slawisch Krka, soll aus dem Indogermansichen stammen und soviel bedeuten wie "die Gurgelnde". Tatsächlich durchdringt der Fluss Gurk, der am Lattersteig entspringt, das Tal mit seinen "gurgelnden" Wassern. Die Geschichte des Gurktals kann nicht geschrieben werden ohne die Heilige Hemma, die als Stifterin des Gurker Domes in dessen romanischer Krypta begraben liegt. Die mächtigen Zwillingstürme, die noch heute von der Macht der Gurker Bischöfe zeugen, sind schon von Weitem sichtbar. Der Gurker Dom ist weit über die Grenzen Österreichs hinaus bekannt und eines der Highlights der Gurktaltour.


Kapitel #2: Straßburg

Kapitel #3: Lieding

Kapitel #4: Gurk


Ich starte meine Radtour beim Bahnhof in Althofen. Von dort geht es auf dem Radweg R7B 'Kappelerweg' Richtung Mölbling. Vor Mölbling quere ich die Schnellstraße entlang der Unterführung und biege auf den Friesacherweg R7 ab. Dieser führt nach Pöckstein-Zwischenwässern, wo ich nach der Ortschaft auf den R5B 'Gurkweg' wechsle, der nun direkt ins Gurktal führt.



Schloss Pöckstein - ehemalige Bischofsresidenz


In Zwischenwässern - der Pforte ins Gurktal - erwartet mich bereits die erste Sehenswürdigkeit auf meiner Route: das prächtige Schloss Pöckstein. Die ehemalige Bischofsresidenz gilt als bedeutendster klassizistischer Bau Kärntens.


Das Schloss wurde zwischen 1778 und 1782 im frühklassizistischen Stil errichtet.
Schloss Pöckstein (Foto: Carmen Heller)

Die Lage des Schlosses "zwischen den Wässern" Metnitz und Gurk war seit dem 12. Jahrhundert bedeutend. Dort passiert der alte Verkehrsweg des Schrägen Durchgangs eine Engstelle, die ein machtpolitisches Spannungsfeld zwischen dem Erzstift Salzburg, dem Salzburger Eigenbistum Gurk und dem Herzogtum Kärnten darstellte. Um diese Engstelle zu schützen, errichtete wohl der bedeutende Gurker Bischof Roman I. die ursprüngliche Burg Pöckstein als Straßensperre zwischen Althofen und dem salzburgischen Friesach. Seit dem Jahr 1606 bestand in Zwischenwässern ein Hammerwerk samt dazugehörigem Herrenhaus. Dieses ließ der Gurker Fürstbischof Joseph II. Franz Anton Graf von Auersperg abreißen und an dessen Stelle zwischen 1778 und 1782 das Schloss Pöckstein samt Parkanlagen im Stil des frühen Klassizismus errichten.


Historische Ansicht des Schlosses
Darstellung der Gesamtanlage aus der Gründungszeit des Schlosses 1783 (Quelle: Wikipedia)

Architekt war der damals namhafte Johann Hagenauer aus Salzburg. Die Innenausstattung des Schlosses ist geprägt von kunstvollen Stuckarbeiten, Plastiken, Wandmalereien, verzierten Kachelöfen und exotischen Wandtapeten. Besonders sehenswert ist die 'Beletage' mit prunkvollen Wohn- und Repräsentationsräumen sowie die Schlosskapelle.

Schloss Pöckstein hatte für damalige Zeit etwas äußerst Modernes vorzuweisen: Das Regenwasser wurde in einem Behälter auf dem Dachboden gesammelt und von dort in die Aborte gespült. Somit handelte es sich um das erste Wasserklosett im Lande!

Nach der Verlegung des Bischofssitzes nach Klagenfurt 1787 diente Schloss Pöckstein als Verwaltungssitz des Bistums Gurk. Heute ist es in Privatbesitz und kann besichtigt werden.



Straßburg


Von Pöckstein radle ich gemütlich weiter entlang des gut ausgebauten Radwegs und erreiche nach nach 9,1 km Straßburg. Die kleine Stadtgemeinde entstand im 9. Jahrhundert nur zwei Kilometer östlich von Gurk. Den Anfang der Stadtgeschichte bildet die vor 1147 (erste urkundliche Erwähnung) von Bischof Roman I. (Bauherr des Gurker Domes) errichtete Burganlage, an deren Fuße sich bald eine Handwerkersiedlung entwickelte. Diese erhielt um 1200 Marktrechte und eine Ummauerung. Im 14. Jahrhundert wurde Straßburg das Stadtrecht verliehen. Seither war Straßburg Regierungssitz der Gurker Bischöfe und Verwaltungsmittelpunkt für den Bistumsbesitz über 640 Jahre.


Eine Burg vor schöner Landschaft
Blick auf Straßburg von Lieding (Foto: Carmen Heller)

Am Fuße des Burgbergs im Norden des Städtchens befindet sich die Stadtpfarrkirche Heiliger Nikolaus. Bereits im 12. Jahrhundert erstmals erwähnt, erfolgte im 15. Jahrhundert ein weitgehender Neubau und im Barock ein größerer Umbau der Kirche.


Ein Rest der mittelalterlichen Stadtmauer mit einem eingemauerten Nischenbrustbild des Markt- und Bauherrn Bischof Walter von Vatz (1200-1213) ist erhalten geblieben.


Römisches Relief in Stadtmauer
Nischenbrustbild Bischof Walter von Vatz um 1200 (Foto: Carmen Heller)

Ich scheue den Anstieg hinauf zum Schloss Straßburg nicht und trete sportlich in die Pedale. Eine asphaltierte Straße führt bis zu einem Besucherparkplatz direkt unter der Burg. Zu Fuß braucht man von der Ecke Kollerhaus etwa 20 Minuten oder man nimmt den Fußweg, der hinter der Stadtpfarrkirche auf den Burgberg führt.


Mittelalterliche Burganlage
Schloss Straßburg (Foto: Carmen Heller)

Ein barockes Portal führt in den Zwinger der Burganlage. Im Aufsatz des Portals ließ sich der letzte große Bauherr der Straßburg, Kardinal Goess, mit einer Nischenstatue und einer Inschrift verewigen.


Eingangsportal einer Burg mit Statue
Portal mit Nischenstatue von Kardinal Goess und Inschrift (Foto: Carmen Heller)

Die Straßburg - "Strazburch" (= Burg an der Straße) (urk. 1147) bestand in ihrer ersten Bauphase aus einem polygonalen Bering und dem im Osten in diesen Bering eingebauten Wohnbau. Aus der Zeit um 1200 stammt die Burgkapelle und der Bergfried ('Faulturm'). Bereits die erste Burg wies in etwa die heutige Größe von rund 70 m Länge auf. In der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts erfolgte die Erweiterung der Burganlage durch den Palas im Süden. Im Spätmittelalter wurde der Westtrakt der Anlage errichtet und der Osttrakt aufgestockt.


Bergfried um 1200
Bergfried um 1200 (Foto: Carmen Heller)

Im 16. Jahrhundert wurde die Burg unter Bischof Salamanca-Hoyos mit einer neuen Wehranlage ausgestattet. Er ließ als äußere Ringmauer einen mächtigen Mauergürtel samt halbrunden, auskragenden Rundtürmen errichten. Diese wurden mit Geschützen bestückt, um die Burg vor Angriffen mit Feuerwaffen zu schützen.


neuzeitlicher Schalenturm vor sommerlicher Landschaft
neuzeitlicher Schalenturm

Die entscheidenden Baumaßnahmen für das heutige Erscheinungsbild der Burg wurden in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts gesetzt, als Fürstbischof Goess den umlaufende Arkadengang errichten ließ. Außerdem gab er den Auftrag für die Errichtung des Hauptportals anstelle des Torturmes. Der gesamte Innenhof vermittelt so den Eindruck eines Renaissanceschlosses.


Arkadenhof eines Schlosses im Sommer
Innenhof des Schlosses mit Arkaden 17. Jh. (Foto: Carmen Heller)

Lapidarium im Innenhof der Burg
Lapidarium im Innenhof der Burg (Foto: Carmen Heller)

Schon im 18. Jahrhundert begann der Verfall der Burg, der mit dem Erdbeben von 1767 einen ersten Tiefpunkt erreichte. Nach der Verlegung des Bischofssitzes nach Pöckstein 1781 und schließlich 1787 nach Klagenfurt verfiel Schloss Straßburg zur Ruine. Seit Mitte des 20. Jahrhunderts wurde die Anlage umfangreichen Restaurierungsarbeiten unterzogen.


Auf Schloss Straßburg befinden sich heute ein Restaurant und Museen. Die Ausstellungen können von Mai bist Oktober besichtigt werden. https://strassburg.at/buergerservice/sehenswuerdigkeiten


Von Schloss Straßburg geht es weiter nach Lieding, wo Gräfin Imma bereits im 10. Jahrhundert ein Kloster gegründet hatte.


Ausblick von Straßburg nach Lieding
Blick von Straßburg nach Lieding (Foto: Carmen Heller)


Lieding


Lieding wird erstmals im Jahr 975 urkundlich erwähnt, als Gräfin Imma - die Großmutter der Heiligen Hemma von Gurk - dort ein Kloster zu bauen begonnen hatte. Kaiser Otto II. stattet die Gründung Immas mit umfangreichen Privilegien aus. Sie erhielt für Lieding das Marktrecht sowie das Münz- und Zollrecht. Trotz dieser großzügigen kaiserlichen Privilegierung dürfte die Stiftung Immas am Widerstand des Salzburger Erzbischofs gescheitert sein, der ein reich ausgestattetes Kloster in seinem Diözesansprengel, das sich seinem Einfluss entzog, wohl nicht geduldet hatte. Die von Imma beabsichtige Klostergründung wurde später von Hemma im nahe gelegenen Gurk verwirklicht.

Kirche und Pfarrhof zu Lieding
Pfarrkirche hl. Margaretha und Pfarrhof zu Lieding

Die heutige Pfarrkirche hl. Margaretha geht auf eine erste frühromanische Kirche zurück, die bereits 1043 Pfarrrechte besaß. Nach einem Brand um 1200 erfolgte ein weitgehender Neubau der Kirche. Aus dieser Bauphase sind noch die Mauern des Langhauses sowie ein hochromanisches Stufenportal erhalten.


Das rundbogige Portal weist ein eingestelltes Säulenpaar, Knospenkapitelle und ein bemerkenswertes Tympanonrelief auf. Das Relief zeigt wahrscheinlich eine Szene aus der Legende der Heiligen Margaretha von Antiochien, der Kirchenpatronin: Die Heilige wird von einem Drachen (Teufel) verschlungen, aber ein Löwe (Christus) rettet sie aus dem Leib des Ungeheuers.



Ab etwa 1330 erfolgte der Bau des bedeutenden hochgotischen Chores und des Südturmes. Der Chor erhielt Maßwerkfenster mit qualitätvollen Glasmalereien, die in umfangreicher Zahl noch im Original erhalten sind. Unter dem Chor entstand zur gleichen Zeit eine dreischiffige Hallenkrypta mit Kreuzgratgewölben.


gotischer Chor der Pfarrkirche Lieding und Karner im Gegenlicht
Pfarrkirche von Lieding und Karner

Der Karner im Süden der Kirche ist ein spätgotischer Bau mit polygonalem Chorschluss. Er besitzt ein steiles Steinplattldach mit Dachreiter und Spitzhelm. Der gotisches Verputz ist noch erhalten.


Spätgotischer Karner mit Steinplattldach und Spitzhelm
Spätgotischer Karner mit Steinplattldach (Foto: Carmen Heller)

Ein im Kern spätgotischer Bau ist auch der Pfarrhof von Lieding. Das Gebäude ist dreigeschossig und besitzt eine Eingangshalle mit Gratgewölben.


Spätgotischer Pfarrhof von Lieding
Spätgotischer Pfarrhof von Lieding (Foto: Carmen Heller)

Die Besichtigung der Kirche ist auf Anfrage bei der Pfarre Straßburg möglich. https://www.kath-kirche-kaernten.at/pfarren/pfarre/C3030/



Gurk


Das Highlight der Kulturradtour durchs Gurktal ist die Besichtigung des Gurker Dom aus dem 12. Jahrhundert. Von Straßburg dem Radweg nach Gurk folgend, erblicke ich schon von weitem dessen mächtige Türme.


Dom zu Gurk
Gurker Dom (Foto: Carmen Heller)

Bischof Roman I. begann um 1140 mit dem Bau des Domes, einer dreischiffigen Pfeilerbasilika mit Westturmwerk. Bereits 1174 war die hundertsäulige Krypta fertiggestellt, sodass die Gebeine der damals noch nicht seliggesprochenen Hemma beigesetzt werden konnten. Die zweite Bauphase fand um das Jahr 1200 ihren Abschluss. Der Gurker Dom zählt zu den bedeutendsten romanischen Sakralbauten Österreichs.


Grab der Heiligen Hemma in der Krypta des Gurker Domes
Grab der Heiligen Hemma in der Krypta (Foto: Carmen Heller)

Zu den kunsthistorische Besonderheiten der imposanten Bischofskirche zählen die romanische Krypta mit dem Grab der Heiligen Hemma, die gotischen Fresken der Vorhalle (14. Jh.), der frühbarocke Hochaltar von Michael Hönel, die Pietá von Georg Raphael Donner aus der Zeit des Rokoko, die Hemma-Holzreliefs mit Darstellungen der Hemma-Legende sowie die Westempore mit bedeutendem frühgotischen Freskenzyklus im Zackenstil (13. Jh.).


Der Sündenfall auf einem Fresko des 13. Jahrhunderts
Der Sündenfall - Ausschnitt der Fresken in der Westempore 1264 (Quelle: Wikipedia)

Die 2015 als neues Diözesanmuseum eröffnete Schatzkammer birgt über 300 Objekte der Kärntner Sakralkunst. In zehn Räumen bietet sich dem Gast ein repräsentativer Einblick in die religiöse Kunst vergangener Epochen. In der Schatzkammer ist auch das berühmte Gurker Fastentuch (1458) von Meister Konrad aus Friesach zu bewundern. Es ist das älteste und größte alpenländische Fastentuch, das noch in liturgischem Gebrauch ist.


In Gurk lohnt auch ein Spaziergang durch den historischen Markt mit seinen schmucken Häusern. Am besten stärkt man sich im Galeriecafé am Domplatz (Familie Erian) mit einer hausgemachten Mehlspeise oder einem leckeren Eisbecher. Erfrischende Getränke werden natürlich auch kredenzt.


Danach geht die Kulturradtour weiter Richtung Weitensfeld, wo weitere Kulturschätze auf mich warten.



Für diesen Blogbeitrag habe ich folgende Quellen verwendet:


Tropper, Christine, Heilige Hemma. Leben und Verehrung (Passau 2012).


Karl Ginhart / Ernst Bacher / Gabriele Russwurm-Biró (Bearb.), Dehio-Handbuch. Die Kunstdenkmäler Österreichs – Kärnten (Wien 2001).


212 Ansichten0 Kommentare

Aktuelle Beiträge

Alle ansehen

Comments


bottom of page